Gender Bias without Borders. An Investigation of Female Characters in Popular Films across 11 Countries. Diskriminierung gegen Frauen in der globalen Filmindustrie - erste weltweite Studie - Aviva - Berlin Online Magazin und Informationsportal für Frauen aviva-berlin.de Public Affairs





 

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AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 - Beitrag vom 14.10.2014


Gender Bias without Borders. An Investigation of Female Characters in Popular Films across 11 Countries. Diskriminierung gegen Frauen in der globalen Filmindustrie - erste weltweite Studie
Helga Egetenmeier

Ob Geschlechterungleichheit in populären Filmen ein US-amerikanisches oder weltweites Phänomen ist, war die Ausgangsfrage für die Untersuchung, deren Ergebnisse das Geena Davis Institute on Gender..




...in Media, UN Women und die Rockefeller Stiftung Ende September 2014 präsentierten. Darin wird bei deutschen Filmen die Sexualisierung der weiblichen Charaktere als überdurchschnittlich hoch eingeschätzt.

Das Geena Davis Institute on Gender in Media

Das von der Schauspielerin Geena Davis 2004 gegründete Geena Davis Institute on Gender in Media, initiiert durch eine Erfahrung mit ihrer kleinen Tochter, tritt für eine Geschlechterbalance und die Diversität weiblicher Charaktere in den Medien und der Unterhaltungsindustrie ein. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Medien und der Unterhaltungsindustrie betreibt ihre Organisation Bildungs- und Forschungsarbeit mit dem Ziel, für unter elf Jahre alte Mädchen eine andere Darstellung von Frauen und Mädchen in den Medien zu erreichen.

Zusammen mit der Organisation UN Women und der Unterstützung der Rockefeller Stiftung, wurde diese international vergleichende Studie von Dr. Stacy L. Smith und ihrem Team an der Annenberg Schule für Kommunikation und Journalismus an der Universität von Südkalifornien (USC) durchgeführt. Dr. Stacy L. Smith arbeitete mit ihrem Team bereits an ähnlichen Studien, wie der "Exploring the Barriers and Opportunities for Independent Women Filmmakers" für das Sundance Institute and Women in Film Los Angeles und die Womens Filmmakers Initiative.

Die Studie, "Gender Bias without Borders. An Investigation of Female Characters in Popular Films across 11 Countries"

Um ihre Ausgangsfrage nach der Verbreitung der Geschlechterungleichheit in populären Filmen zu überprüfen, stellte das Team die Ausgestaltung weiblicher Charaktere in US-Filmen anhand mehrerer Kategorien von erfolgreichen Filmen speziell ausgewählter Staaten gegenüber.
Für die Ländervergleiche wurde anhand der Kriterien "Alterskategorie" und "eingespielter Profit" die Top 10 der inländischen Filme jedes Landes gewählt, die in den zehn international profitabelsten Gebieten der Welt zwischen dem 1. Januar 2010 und dem 1. Mai 2013 gezeigt wurden. Für die deutschen Produktionen bedeutete dies eine Auswahl in den Kategorien FSK 0, FSK 6 und FSK 12.

Die Analyseeinheit innerhalb der einzelnen Filme war der unabhängig sprechende Charakter, der ein oder mehr Worte zu sagen hatte. Gleich zu Beginn der Analyse überraschte der geringe Anteil sprechender weiblicher Charaktere in allen Filmen, von den 5.799 untersuchten waren nur 30,9 % weiblich, aber 69,1 % männlich definiert. Bei den deutschen Filmen lag der Anteil von Frauen etwas höher, bei 35,2 %.

Interessant fanden die ForscherInnen den Blick auf den sogenannten "ausgewogenen Cast", der sich durch ungefähre Gleichheit der Anzahl der sprechenden Charaktere beiderseits Geschlechts auszeichnet. Weltweit gab es darin keine Balance, nur zwölf Filme (10 %) zeigten Genderparität (bei deutschen Filmen waren es 20%, d.h. in zwei von den untersuchten zehn Filmen).

Von amerikanischen Studien bereits bekannt, war, dass in US-Filmen Frauen jünger sind als ihre männlichen Kollegen und mehr in traditionellen Lebensvorstellungen gezeigt werden. Diese konservative Einstellung konnte die Forschungsgruppe nun für ihr gesamtes internationales Sampling bestätigen. Das gleiche gilt leider auch für den ökonomischen Status, es gab 46,6 % in Arbeit stehende weibliche Charaktere gegen 69,1 % männliche Arbeitende. Um welche Arbeitsbereiche es sich im einzelnen handelt, schlüsselt die Studie noch weiter auf.

Um die sexualisierte Darstellung der SchauspielerInnen zu bewerten, wurden diese Kategorie in vier Unterkategorien aufgeteilt. Dabei zeigt sich, dass der weibliche Filmcharakter nicht aus seinem klischeehaften Erscheinungsbild ausbricht:
a) Sexualisiertes Verhalten: männlich =: 9,4 % / weiblich =: 24,8 %
b) Nacktheit: männlich = 11,5 % / weiblich = 24,2 %
c) Dünnheit: männlich = 15,7 % / weiblich = 38,5 %
d) Attraktivität: männlich = 2,6 % / weiblich = 13,1 %

In der Annahme, dass auch die Anzahl der Frauen hinter der Kamera eine Rolle für die davor stattfindende Geschlechterstereotypisierung spielt, untersuchte das Team die Anzahl der RegisseurInnen, SchreiberInnen und ProduzentInnen innerhalb des Samples. In diesen drei Berufen gab es deutlich mehr männliche (79,5 %) als weibliche (20,5 %) Beschäftigte. Am geringsten vertreten waren mit 7 % die Regisseurinnen, gefolgt mit 19,7 % von den Schreiberinnen und mit 22,7 % von den Produzentinnen.

Als die ForscherInnen der Frage nachgingen, ob weibliche Regisseurinnen und Schreiberinnen einen Einfluss auf den Geschlechtscharakter haben, stellten sie fest, dass in diesen Fällen der Anteil der Frauen in den Filmen höher war.

Einige auf Deutschland bezogene Ergebnisse

Bei den untersuchten deutschen Filmen gab es bei den relevanten DarstellerInnen einen Anteil von 35,2 % weiblicher Charaktere, es wurden 20 % in Führungspositionen gezeigt, hinter der Kamera standen Regisseurinnen mit 7,1 %, Schreiberinnen zu 22,2 % und Produzentinnen zu 23,8 %.

Im Bereich der sexualisierten Darstellung von weiblichen und männlichen Charakteren liegt der deutsche Film an der Spitze der vier Auswertungskategorien:
a) Sexualisiertes Verhalten: männlich =: 13,8 % / weiblich =: 39,9 %
b) Nacktheit: männlich = 16,2 % / weiblich = 39,2 %
c) Dünnheit: männlich = 28,4 % / weiblich = 44,7 %
d) Attraktivität: männlich = 2,1 % / weiblich = 15,4 %

Auch wenn die kulturellen Bewertungen von deutschen ForscherInnen in diesem schwierigen Bereich zwischen Prüderie und sexueller Ausbeutung vielleicht von denen des amerikanischen Teams abweichen würden, kann dies nicht die großen Unterschiede des Vorkommens zwischen den beiden Geschlechtercharakteren erklären.

An letzter Stelle steht der deutsche Film beim Aufzeigen des Beschäftigungsstatus: sowohl bei den männlichen (59,9 %), wie auch bei den weiblichen (35,2 %) Charakteren interessiert der Arbeitsplatz der Dargestellten wenig.

Bei der Betrachtung der Ergebnisse sollte mitgedacht werden, dass es um die profitabelsten inländischen Produktionen in den FSK-Kategorien 0, 6 und 12 geht, d.h. die Filme wurden nach Beliebtheit, definiert über die Einnahmen, in einer bestimmten Alterskategorie ausgesucht. Unter diese zehn Filme fielen z.B.: "Kokowääh", "Türkisch für Anfänger", "Wickie auf Großer Fahrt" und "Eine ganz heiße Nummer".

Im Oktober 2014 haben sich in Deutschland 170 Regisseurinnen zu der Initiative "Pro Quote Regie" zusammengeschlossen, um die geringe Quote von aktuell weniger als 15 Prozent Regieaufträgen für Frauen bis ins Jahr 2025 auf die Hälfte der bundesweit vergebenen Fördermittel für Filme von Frauen zu erhöhen.

Was kann aus der Studie gefolgert werden?

"Frauen bringen mehr in die Gesellschaft ein, als nur ihr Aussehen", sagt Dr. Stacy l. Smith, die Hauptverantwortliche der Studie, "Diese Ergebnisse zeigen, dass wir weltweit mehr haben als nur ein Filmproblem, wenn es dazu kommt, dass Mädchen und Frauen abgewertet werden. Wir haben ein Menschheitsproblem." Dass die Abwertung der Frau in der Mainstream-Gesellschaft auch Alltag ist und deshalb in den untersuchten Mainstream-Filmen gespiegelt wird, sollte somit nicht verwundern, sondern dieses "Menschheitsproblem" fett unterstreichen.

Geena Davis blickt bei der Studie auf die Geschlechterdarstellung durch die Medien: "Die Medienbilder haben einen starken Einfluss auf die Entwicklung und Aufrechterhaltung unserer unbewussten Wahrnehmung." Die Aufmerksamkeit von Frau Davis richtet sich hier auf die sich bedingenden Wechselverhältnisse zwischen medialen Darstellungen und den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen und fordert eine Veränderung der Medienbilder.

Die Studie schließt mit den wichtigen Worten, dass FilmemacherInnen nicht nur Filme machen, sondern auch eine Wahl treffen – und diese Wahl könnte auch für Geschlechtergerechtigkeit sein.

Weitere Informationen:

Die Studie "Gender Bias without Borders. An Investigation of Female Characters in Popular Films across 11 Countries"

UN-Women - deutscher Kurztext der Studie (pdf)

Geena Davis Institute on Gender in Media

www.sundance.org

www.UNWomen.org

www.Rockefellerfoundation.org

www.verbandderfilmarbeiterinnen.de

www.WomenMakeMovies.com

www.frauenmachenfilm.wordpress.com

www.womenandhollywood.com

www.Frauenfilmfestival.eu

Women in Film and Television Germany

www.proquote-regie.de

Der Bechdel-Test
Die im April 2014 mit dem 625.000 US-Dollar dotierten MacArthur Award ausgezeichnete amerikanische Cartoonistin Alison Bechdel lässt in ihrem Comicstrip Dykes to Watch Out For eine Frau sagen, sie sehe sich Filme grundsätzlich nur dann an, wenn sie drei Bedingungen erfüllen: 1. Es müssen mindestens zwei Frauen vorkommen. 2. Die Frauen müssen miteinander reden, und das – 3. – nicht nur über Männer.

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Beitrag vom 14.10.2014

Helga Egetenmeier